Heterodoxen Strömungen der Reformation - Teil I

19. listopad 2019 | 05.59 |
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Heterodoxen Strömungen der Reformation - Teil I

Im Gegensatz zu den mit Trieben ausgestatten Tieren, die ihnen auf bestimmte typische Situationen immer dasselbe und unveränderliche Reaktion ermöglichen, sind die Menschenshandlungsarten von alters her sehr verschiedene und das Denken der Menschen ist noch mannigfaltiger. Nicht anders es geben darf auch innerhalb der Kirche. In allen Perioden der Kirchengeschichte tauchten Einsichten und Stellungen auf, die verschieden von den Vorherrschenden und Mittigen waren. Und in den Epochen von gesellschaftlichen Zwisten und Turbulenzen man kann noch größere Meinungsunterschiede erwarten. Umso großer ist die Überraschung, die dem Leser jedes Handbuch von Philosophien- oder Dogmengeschichte macht, wenn er da das XVI Jahrhundert aufblättert – das XVI Jahrhundert sieht in ihr fast öde und schmachtend aus. Außerhalb des Rechtfertigungsstreites und später dazu betrittenen Prädestinationsstreites, des Streites über das Wesen der Sakramente und ein Paar dazu zugesellten Materien, wie der Fegfeuer oder die Stellung der Heiligen, es praktisch geschieht nichts. Obendrein sich auch in diese Streitfragen die Theologen nur verteilen in zwei Gegenlager und nehmen ihre Standpunkte entsprechend der Partei, dazu sie gehören und dessen Verfechter si sind, und keine eigenen neuen Einsichten entfalten.1 So können wir den Eindruck bekommen, dass es keine nennenswerte unterschiedliche Richtungen gab.

Solch ein Auffassung ist jedoch nur teilweise berechtigt. Auf einer Seite man sollte sich dessen bewusst werden, dass die Reformation nicht aus primär theologischen , sondern kirchlich-praktischen Gründen hervorgebracht worden wäre und dass das, worüber man miteinender streitete in der Reformation, keine Tiefe theologische Materien sind, sondern ein Sonderfrage nach dem Wesen der Rechtfertigung und des Menschens Heil, möglicherweise anthropologisch bereichert um die Frage des freien bzw. unfreien Menschenwillens; und dann noch nur Fragen wie Ablässe oder Priesterehen; Zulässigkeit partikulärer Formen des religiösen Leben (Fasten, Beichte, Messe, Bilder usw.) Jedoch ist weder die Auffassung, dass es nicht Individuellen oder Strömunge gegeben hätte, die heftiger von der Hauptlinie des Reformationskonflikt abgewichen waren richtig. Sie werden üblicherweise als "Radikale Reformation od. Radikale Reformatoren" bezeichnet und unter diesem Bezeichnung werden die Männer der frühen Reformation gemeint - etwa bis zu dem Bauernkrieg oder bis die Kommune in Münster; ganz früh werden sie in zeitgenössischen Quellen als (Wieder)täufer (Anabaptistae, Werdedopern...) bezeichnet. Obgleich auch bei den Täufern bei ihrem Dissens aussertheologische Motive vorwiegen, die Verschiedenheit in Lehre und das Ausmaß der von ihnen abgelehnten und bis dann waltenden Wahrheiten ist großer. Die Bewegung der Täufer erlebt ihr dramatischen Gipfel in den 30-ten Jahren des XVI Jahrhundert, wann es diesen Radikalen für ungefähr ein Jahr (Februar 1534 – Juni 1635) auch die reiche Bischofsstadt und Hochstift Münster zu erobern gelingt. Nach gewaltsamer Pazifizierung wirken täuferische Ströme in Illegalität und werden differenziert; einige von ihnen werden zu Grundlage für künftige Sozinianer.

In diesem wie auch in anderen Gestalten überleben sie dann bis die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts, wann sich jedoch die religionspolitische Bühne ausdrücklich ändert. In dem offiziellen Reformationslager (der dank dem Augsburgischem Religionsfrieden ist im Rahmen des Reiches jetzt legal) beginnen heftige Streitigkeiten um Fragen, die wir heute schwer anders als geringwertig bezeichnen könnten, und auch die calvinistische Reformation ist auf Aufmarsch, was auch manche durch vielen Übertritte von einzelnen Fürsten zu dieser oder jener Religionspartei verursachten Änderungen an der Religionskarte hervorruft. Im nichtoffiziellem Bereich verstärkt sich immer die Tendenz zum mystischen Spiritualismus, der Inspirationen und auch seinen Namen, nebst schon obergenannten Inspiratoren, im Besonderen dem wunderbaren, von seinen Schülern Paracelsus genannten Gestalt des Arztzes und Mystiker Theophrastus Bombastus von Hohenheim verdankt. Die mündet knapp von dem Dreißigjährigen Krieg auf einer Hand in die großen Manifesten der Rosenkreuzbruderschaft und auf dem Anderen in das Schrifttum Jakob Böhmens.

In Folgendem versuchen wir die Grundlinien dieser drei Stadien zu entwerfen und manche von den bedeutsameren Persönlichkeiten dieser Periode mitsamt ihren Lehren vorzubringen.

Religiöse Radikale der Frühreformation
Andreas Karlstadt

Andreas Karlstadt von Bodenstein (1480? -1541) hat in Erfurt und Köln studiert, dann in den Jahren 1505-1522 in Wittenberg, wo hat er im 1501 den Doktorgrad erlangt. Er war ein überzeugter Thomist, wurde auch zum Dekan der theologischen Fakultät, zum Prediger und Propst in der Allerheiligenkirche. Er war in Luthers Geleit zu der Leipziger Disputation und nach seinem "Verschwinden" nach Wartburg wurde er zum Brennpunkt alles Reformationsgeschehen in Wittenberg. Auf dem Christtag im 1521 feierte er da die ersten protestantischen Gottesdienste; die Messe war dann im Latein, aber ohne Ornat und ohne Wandlung. Er hatte schon früher im 1521 die Deutsche Gottesdienst und Kommunion sub utraque verlangt und theoretisch begründet. So hat er auch die Gottesdienste am Neujahrstag 1522 gefeiert. Er unterstützte auch junge Radikalen (Studenten und Junggesellen) bei ihren Kirchen- und Bildsturmen.

Nach Luthers Wiederkehr wurde er aber, als ein zu radikales Element, beiseitegeschoben. Als Luther die lateinische Messe - sub utraque und mit Wandlung, und mit geringen weiteren Abänderungen – zurückerstattet hat, wich Karlstadt nach Orlamünde. Er trennte sich von Luther auch in der eucharistischen Theologie: er leugnete, dass die Eucharistie überhaupt eine Christuszeichen – oder –Symbol wäre. In Orlamünde hat Karlstadt alle Gewänder wie auch Universitätsinsignien abgelegt, hörte auch auf die Kinder zu taufen. Er wurde aus Sachsen vertrieben und ist im Juni 1524 nach Basel gegangen. Als er aber auf dem Weg danach einen Aufenthalt in Rothenburg gemacht hat, ist er so gerade ins Zentrum des Bauernaufstandes geraten. Am Ostern hat er da eine flammende Predigt gegen dem Altarsakrament gehalten, als er aber das rasende Getümmel, des auf den bischöfliche Würzburg ziehen wollte, zu lindern versuchte, ist er selbst unerwünscht geworden, und nämlich für beide Parteien – die der Konservativen wie auch für die der Radikalen, und wurde in Kürze auch da der Stadt verwiesen. In Basel hat er 1524 sieben wichtige Traktate zu dem Eucharistiestreit herausgegeben. Er hat in ihnen, vornehmlich auf Mk 14,23-34, wo die Wörter über Wein bzw. Blut erst nach dem Trinken aus dem Kelch folgen, sich stützend, zu der Meinung gekommen, dass die Einsetzungsworte sich nicht auf das anwesende Brot und Wein sich beziehen, sondern auf die bevorstehende Christusopfer am Kreuz. Dadurch hat er Anlass zu einem langfristigen und tiefen Streit inmitten des Reformationslager geleistet. Während Zwingli hat Karlstadts Stellung mehr oder weniger akzeptiert2, Luther lehnte sie ab. Karstadt hat später aus seinen strengen Positionen nachgegeben und unterstützte Luther in seinen Ansichten auf das Fegfeuer und das Schicksal der Seele zwischen Tod und Auferstehung. Er starb endlich als ein Professor der Basler Universität in 1541.

Thomas Müntzer

Thomas Müntzer (geb. um 1490) war wahrscheinlich schon in seiner Funktion des Beichtvaters bei den Zisterziensern in Beuditz unter dem Einfluss der Lektüre der alten Kirchenväter wie auch Joachim von Fiore und den Rheinischen Mystikern zu tiefen Zweifeln und zu einem Gefühl eigener Bestimmtheit zu der Reform der Kirche erlangen. Den eigentlichen Impuls dazu hat er aber erst an der Pfarre in Zwickau durch die Begegnung mit dem chiliastischen Prophet Nikolaus Storch und seiner Gruppe der sogenannten Zwickauer Propheten erhalten. Aus Zwickau wanderte er erst nach Allstedt, dann nach Böhmen. 1521 hat er seinen berühmten Prager Ruf ausgegeben. Die Kirche hält er seit dem Aussterben der Apostel und ihren unmittelbaren Jünger für ganz verdorben. Das Volk hörte auf in der Kirche zu entscheiden, nun regieren da die Gelehrten. Was einzig und allein die Kirche renovieren kann, sei das lebendige Wort Gottes. Das stehe jedoch nicht in der Bibel geschrieben, sondern immer geschiehe und komme aus der Munde Gottes. Das lebendige Wort sei der Bibel vorzuziehen. Müntzer wies oft auch darauf hin, dass die Propheten im Alten Testament sagten immer: "So spricht der Herr", nicht so sprach.

Müntzer hat jedoch auch seine mystische Seite. Er stand nahe zu der mittelalterlichen Mystik, in besonderem zu ihrer Zweig, der sich auf den leidenden Jesu konzentrierte (Passionsmystik), und in Annäherung zu diesem leidenden Christus sah er den Weg für die ganze Christenheit. Derartige Kirchenauffassung verschärfte wohl nur die Radikalität seiner Anschauung und durch solche Ideen geführt, hat sich Müntzer in vollem Bewusstsein auf die Spitze des Bauernaufstandes gestellt und mit ihm auch die Niederlage und Tod erlitten.

Die Täufer und aus ihnen ausgehende Strömungen
Die Täufer

Bis auf unzählige Ausnahmen hatten die Täufer keine Gebildetenunter ihren Leiter. Ein bisschen intellektuellere Ausrichtung können wir vielleicht bei den Italienischen Täufer annehmen, wo diese Bewegung doch früh völlig unterdrückt worden ist. Die Täuferbewegung war theologisch-praktisch, oft mit sozial revolutioneller Prägung. Deshalb es kann nicht überraschen, dass wir da große Heterogenität von Lehren begegnen. Obwohl bei ihnen Abweichungen von den Lehren nicht nur der katholischen, sondern auch der Reformationskirchen in vielen Punkten aufzuweisen sind, ihr gemeinsames Unterscheidungsmerkmal war die Ablehnung der Kindertaufe. Man kann nur im erwachsenen Alter nach einer bewussten Bekenntnis des Christusglaubens getauft werden. Die Kindertaufe galt bei ihnen nicht. Deshalb wurden auch alle ihre Zugehörige nach ihrem Bekenntnis zu dieser Geistesströmung (wenn sie dazu genug Mut hatten, weil für solchen Tat legte der in dem 16-ten Jahrhundert immerfort benutzte und gültige Justinianskodex die Todesstrafe fest) erneut getauft.

Die Anfänge der Bewegung sind auf dem Gebiet der heutigen Schweiz aufzuspüren. 1525 wurde die Frage der Kindertaufe in Zürich disputiert. Zwingli hat damals ohne Weiteres die bisherige Praxis vertreten und die radikale Gegenpartei organisierte sich unter der Führung von Konrad Grebel in die ersten Gemeinden der Wiedertäufer. Aus deren Kreisen hat auch Balthasar Hubmaier erwachsen, der die ersten Kreise in Mährischen Mikulov (Niklausburg) geführt hat. Trotzdem hat sie weder die relativ tolerante Mährische Umwelt von Verfolgung geschützt: Er wurde 1528 in Wien verbrannt und seine Frau wurde in Donau ersäuft.

Den Täufern lag im Ursprung auch an Kirchenorganisation und gewissermäsiger Einheit der Lehre. Das beweist die Synode bei oberrheinischem Schaffhausen, wo sich 1527 ihre Vorsteher getroffen sind und 7 Grundartikel genommen haben. Den entsprechend soll die Taufe nur Erwachsenen erteilt werden, im weiterem sprechen sie über Abtrennung von der Welt (damit wird die Römische samt allen Protestantischen Staatskirchen gemeint; die weltliche Gewalt soll nie in die Glaubensfragen eingreifen und ebenso sollen die Christen sie nie erstreben; deshalb kann die schwerste Strafe in der Kirche nur die Exkommunikation sein, und sie sei auch die einzige Weise, wie die, die der Sünde verfallen seind und Besserung verschmähen, zu strafen sind) und über den Eid (die Christen sollen nicht schwören). Der Verfasser dieser Artikel war wahrscheinlich Michael Sattler, ursprünglich Benediktinermönch, der später mit Denck und Haetzer in Straßburg tätig war und 1529 in Rothenburg ob den Tauber verbrannt wurde. Aber weder Einheit noch friedliche Entwickelung wurden den Täufern gegönnt; ständige Persekution trieb sie von Ort zu Ort und hat sie endlich bis nach verlegenen Verstecken innerhalb des Reiches verjagt. Einige bedeutsamere Kommunen haben sich in Tirol, Norddeutschland, Holland und in Mähren geformt.

Hans Denck war wahrscheinlich die bedeutsamste Persönlichkeit unter den Widertäufern. Ar war der klassischen Sprachen kundig (er hatte nämlich in Ingolstadt studiert) und Oecolampad hat ihn für Rektor der Nürnberger Seebaldsschule empfohlen. Er wurde jedoch aus dieser Stelle wegen seiner radikalen Ansichten verjagt. Über St.Gallen ist er endlich nach Augsburg gelangen, wo er die erneute Taufe empfangen hat. Augsburg war damals, nebst Straßburg, das bedeutendste Zentrum der Täuferbewegung. Und es war auch Straßburg, wo kehrte er sich aus Augsburg hin, und da wurde er von Bucer zu einer Öffentlicher Debatte aufgefordert. Diese aber ging auch ungünstig für ihn, und mit der Folgerung, derentsprechend musste er Straßburg ein Tag vor Weihnachten verlassen. Dann erlebte er zwei fruchtbare Jahre in Worms, wo trat sich auch eine zahlreiche Täufertum. Aber nachdem da zwei lutherische Prediger zu Täufertum konvertiert hatten, musste er auf persönliches Eingreifen des Pfalzgrafs auch Worms verlassen. In Worms ging es sogar so weit, dass einige Täufer hingerichtet worden sind. Denck fand auf die letzten Monate seines Lebens Zuflucht bei Oecolampad in Basel.

Denck ist Vertreter von einem mystischen Täufertum: Der Gott offenbart sich uns in dem Inneren Wort, und dieses kann mit dem Schrift übereinstimmen oder nicht, aber es ist ihm nicht unterworfen. Die Offenbarung Gottes fährt in der Glaubenserfahrung fort und ohne sie ist es nicht möglich die Heilige Schrift recht verstehen. Der Wille des Menschen ist frei. In jedem Menschen gibt es ein Funklein der Liebe Gottes, obwohl fast verlöscht. Es aber wird durch das Leben in der Liebe, der die Nachfolge Christi ist, erweckt. Am besten wird Dencks Stellungnahme durch seinen merkwürdigen Satz erfasst: Es ist nicht genug, daß Gott in dir ist, du mußt auch in Gott sein. Christus ist für alle Leute gestorben und auch hat er Alle mit seiner Liebe erleuchtet, obgleich nicht Alle sie wahrnehmen können. In der Zukunft werden jedoch Alle erlöst werden.

Das Denken in Aporien war Denck nicht fremd, und so wurde er auch zum Inspirator des Franckischen Paradoxa. Bei jedem Meinungsaustausch mit den Gegnern war er bescheiden und kultiviert, ohne damals üblicher Verspottung der Gegner, wozu suchten Zuflucht alle Reformatoren samt ihren Gegnern. In gleicher Weise wie er die Idolatrie der Schrift abgelehnt hat, so auch wies er zurück Gefechte der Zitate und ermahnte die Streitende nicht nur über ihre beliebten Stellen nachzusinnen, sondern auch über die, die von ihren Gegnern angeführt wurden. Dencks Dialektik ist aber nicht lückenlos; er glaubte, dass bei solchem Gefecht von Gegenschriften, wie er Paradoxen nannte, eine Meinung wird immer als die Bessere erweist werden und die wird danach auf ihr Gengensatz in sich einbegreifen, so nämlich, wie die Ewigkeit einst die Erde und ihre Zeitlichkeit umarmen und aufnehmen wird.

Bei Ludwig Haetzer, einem anderen Repräsentanten dieser Bewegung finden wir einen Ähnlichen Itinerar. Haetzer stammte wahrscheinlich aus den Kreisen der Waldenser und war so für die Teilnahme in der Züricher Ursprungskommune den Täufern schon prädisponiert. Sein Weg fuhr weiter über Augsburg und Straßburg nach Worms (mit einem Zwischenhalt in Basel bei Oecolampad). Er hat nach Straßburg schon vor Denck erlangen, aber nach seiner Ankunft wurde er durch seinen Ruhm überschatten. Es ermöglichte ihm jedoch da länger bleiben, nicht nach Dencks Ausstoßung. Wie haben schon ihre gemeinsame Arbeit an die Bibelübersetzung in Worms erwähnt.

Haetzer hat sein Lebensweg in Konstanz in dem Jahr 1529 zu Ende gebracht. Er wurde da Sexualdelikten überführt und hingerichtet. Haetzer war radikaler als Denck. Er lehnte die Lehren von Christi Versöhnungsopfer und von der ewigen Verdammnis ab. Er wies auch die Dreifaltigkeit von Gottespersonen zurück, wonach er auch der erste Antitrinitarier genannt werden darf.

Melchior Hofmann hat sich der Täuferbewegung erst in Straßburg in 1529 angeschlossen. Er stammte aus Schwäbisch Hall und hatte schon hinter sich eine glanzvolle Karriere eines Handelsmanns und sogar Luthers Ausgesandtem auf dem Dänischen Hof und in Russland. Nach einem Konflikt mit Luther über den Charakter des Sakraments ging er nach Straßburg. Er war ein Volkspredigers par excellence. Es hielt sich selbst für Elia und den Verkünder letzter Zeiten.3 und dank seines Verdiensts ist die riesige Bewegung entstanden, die war auch teilweise Ursprung der Münster Kommune. Bevor aber konnte sie zustande gebracht werden, wurde er 1533 durch den Straßburger Rat gefangengenommen und auf Lebenszeit in Kerker gesetzt.4 Seine Aufgabe wurde danach im Rahmen der Münster Kommune von einem anderen Propheten Johann Matthys übernommen.

Die Täuferbewegung erlebt ihr dramatischen Gipfel in den 30-gen Jahren des 16. Jahrhunderts, wann es diesen Radikalen unter der Führung eines anderen "Propheten" Jan Bockelson (auch Jan von Leyden genannt) für etwa ein Jahr (Ferbruar 1534 – Juni 1535) die Herrschaft in der reichen Bischofsstadt und Hochstift Münster zu übernehmen gelingt. Die Episode in Münster, wiewohl sie mag für Historiker und Religionswissenschaftler interessant sein, hat nichts neues im theologischen Bereich beigebracht. Auch Zweifel über den Charakter des Abendmahls (der geistige Führer der Münsterer Wiedertäufer Bernd Rothmann hat es mit Brotscheiben statt Hostien gefeiert) und schließlich die Aufnahme von seinem zwinglianischen Auffassung und auch die zweite Taufe, alles das hatte schon früher existiert. Nur in Münster ist es mit gespanntem Eschatologismus und wiederkehrender Weissagung über das Weltende geknüpft worden, vor welcher, eher sie kommt, muss noch ein Reich der Gerechten, ein "neue" Jerusalem gerade in Münster gebildet werden. Daran folgte die Austreibung von Katholiken, später auch Lutheraner aus der Stadt, gewaltige Unterdrückung jedes Dissens und schließlich eine Terrorherrschaft. Das alles begleitete den fast zwei Jahre dauernden Widerstand gegen die Belagerung der Stadt von den Truppen des Bischofs von Münster, wie auch der allen herumliegenden katholischen und protestantischen Fürstentümern, die mit ihm ihre Streitkräfte geeinigt haben, mit der Ergebnis von der Wiederaufnahme der Stadt, Hinrichtungen und harter Persekution.

Nach der gewaltigen Pazifikation der Stadt und den damit verbundenen harten Repressalien entfalten die Täuferströmungen ihre Wirksamkeit in Besonderem in dem Niederlande und werden differenziert. Menno Simmons hat die zerstreuten Gruppen der Anabaptisten in dem Niederlande wiederversammelt. 1554 hat er dann mit seiner Gruppe nach Holstein übersiedelt. Die Mennoniten brachten jedoch auf dem Gebiet der Lehre nichts Neues aber zu ihrem Charakteristikum wird - offensichtlich als Reaktion auf das Münsterer Blutbad – radikale Pazifismus.

Andere Gruppierungen, die sind aus den ursprünglichen Wiedertäufern entstanden, werden zu Formierungsbasis der künftigen Antitrinitarier. Zu diesen gehört auch Adam Pastor. Er wurde aus der Gemeinde mennoniter Anabaptisten wegen seiner radikalen Auffassungen der Trinität und der Inkarnationslehre (die Gottheit Christi beruhe in dem Wort des Vaters, seiner Weisheit, seinem Wille, seiner Macht, die in ihm wirken; der Heilige Geist sei nicht eine sonderbare Person, nur Gottes Hauch und Inspiration) exkommuniziert. Sein Beispiel ist auch ein Teil der Täuferkommune gefolgt. Er ist in Emden in 1552 gestorben.

Die letzte interessante Persönlichkeit aus diesem Kreis der Anabaptisten des 15. Jahrhunderts ist David Joris(auchGeorg). Joris hat auf keine Weise die Radikalität der früheren Anabaptisten aufgegeben. Aus Flandern stammend verbrachte er seine Jugendzeit in Delft. 1534 wurde er zu einem Prediger unter den Melchioriten. Nach dem Fall Münsters hat er auch um sich eine kleine Kommune der stark visionärisch und extatisch orientierten Täufer, für die er als der neue Christus galt. Ihre Lehre war auch antitrinitär. Sie wurden heftig verfolgt, dutzende von ihnen wurden hingerichtet, einschließend Joris eigene Mutter. Joris selbst wechselte stets seine Identität und sein Aussehen, bis er darin beinahe Meisterschaft erlangen hat. Besitz, der für ihn seine Anhänger angesammelt haben hat ihm zuletzt ermöglicht sich in Basel anzusiedeln, wo hat er auch Stadtrechte erlangt und wurde und ist durch seine Freigiebigkeit und massenhaften Kirchengang (zu protestantischen Gottesdiensten) namhaft geworden. Dabei hielt er immer Briefverkehr mit seinen Anhängern in Holland, die ihm treu geblieben sind. Er starb in Basel in dem Jahre 1556; bevor seinem Tod aber schaffte er noch ein Protestschrift gegen Servets Verbrennung auszugeben. Seine Identität wurde erst zwei Jahre nach seinem Tod entdeckt und führte zu Exhumation seiner Gebeine und deren ostentativen Verbrennung auf Scheiterhaufen. Ein Teil seiner Familie einschließlich zahlreicher Hausgesinde emigrierten danach zurück nach Flandern, ein anderer Teil jedoch schwor die Irrlehren ihres Meisters ab und blieben ruhig in Basel zu leben.

Michael Servet

Michael Servets wunderbare und vielseitige Persönlichkeit ist noch nicht genug gewürdigt worden. Was liegt den Meisten an den Augen ist in besonderem sein grausamer Tod, der schon bei den Zeitgenossen die Gemüter und Gefühle ins Aufruhr gebracht hatte und blieb so für lange Jahren als ein grimmiges Schatten über die Schweizerische Reformation hängen, und demnächst seine Trinitätslehre, die wurde dazu zum Anlass, und nur an dritter Stelle eine Entdeckung, die er ohne Zweifel als der Erste publizierte, und die er selbst wahrscheinlich für nicht besonders wichtig hielt und dessen Wert in seiner Augen nur als einer Stütze für seine anthropologische und pneumatologische Spekulationen war, die Entdeckung von dem Kleinen Blutkreislauf. Unbewertet sind bis heute geblieben seine philosophische und spirituelle, in mancher Weise den Renaissance Neuplatonismus nahe Standpunkte.

Michael Servet stammte aus Aragon. Die Länder der Pyrenäischen Halbinsel haben am Anfang des 16. Jahrhunderts einen kurzen aber starken Hauch des freien Geistes der Renaissance erlebt. einflussreich in diesem Gebiet war besonders Erasmus von Rotterdam und die schon im Keim unterdrückte Spanische Reformation (Juan de Valdes) ist meistens gerade durch ihn inspiriert worden. Der wahrscheinlich 1511 geborene Servet verwuchs mit dieser Umwelt schon als Jüngling, als er sich, vielleicht mit sekretarialen Diensten beauftragt, im Geleit von dem franziskanischen Mönch und Hofprediger Karl V. Juan de Quintana befand. Mit ihm war er auch vermutlich an der ruhmreichen Kaiserkronung in Bologna in 1529 teilhaftig. Aber schon vor diesem Datum ist Servet in das Namenverzeichnis der Universität in Toulose eingeführt gewesen. Der Weg Karl V. fuhr ihn aus Bologna auf den nicht weniger ruhmvollen Reichstag in Augsburg in 1530 und sehr wahrscheinlich gerade da hat Servet meisten führenden Persönlichkeiten der Reformation, die da anwesend waren, kennengelernt.5 Nur ein Paar Monates später treffen wir Servet in der Gemeinschaft Oecolampads in Basel. Da hat er schon wahrscheinlich seine Gedanken präzisiert, die seitdem stets Bewunderung und Abscheu erregten, denn sie meinten praktisch Verleugnung der bestehenden Trinitätslehre. Deshalb führten sie auch bald zu einer Auseinandersetzung sogar mit dem gemäßigten Oecolampad. Dadurch wurde Servet angereizt seine Meinungen in einem Schrift zu verteidigen und so entstanden seine zwei frühesten werke: De Trinitatis Erroribus libri septem, und später, vielleicht als Apologie des ersten Buches gemeint, die es in einem besserem und der Orthodoxie näherem Lichte vorzustellen versuchte und teilweise auch Widerruf und Revision des ersten Buches repräsentieren sollte (und war es eigentlich keines von diesem) die Dialogum de Trinitate libri duo.Aus diesen zwei erhaltenen theologischen Büchern haben Servets Anhänger wie auch Gegner später alles ihr Wissen über seine Meinungen geschöpft, während sein späteres Werk Christianismi Restitutio ist nach einmütigem Eingreifen der katholischen Inquisition und reformierten Zensur praktisch vollständig in ganzer Auflage verbrannt worden, somit es sind bis heute nur vier Exemplare dieses Buches in der ganzer Welt erhalten. Und nach dem Inhalt des Bewahrten war Servets Lehre von weitem so radikal, wie wir es bei manchen Wiedertäufern gesehen haben: Jesus sei wirklich Gottessohn gewesen, obwohl seine Gottheit anderer Art wäre als die des Vaters. Der Heilige Geist sei nicht eine Person, sondern Gottes Kraft, die in den Menschen wirke. Es sei eigentlich nur eine Gottheit, die sich verschieden in dem Vater, in dem Sohne und in dem Geiste zum Ausdruck bringe. Wenn wir also diese Lehre irgendwie klassifizieren wollen, wir würden dazu ehestens den alten Termin von Modalismus verbrauchen, der besonders auf dem Pyrenäischem Halbinsel beliebt war und noch in der Karolingischen Zeitalter da viel diskutiert wurde.

Das Aufsehen, das Servets Pamphlete erregt hatten. legte sich bald wieder nieder, und nämlich meistens deshalb, dass ihr Verfasser ist aus der Welt verschwunden. Hat ihn noch jemand unter den Reformatoren erinnert, meinte sicher, dass er irgendwo in einer Zelle faulte oder schon verfault hatte.6 Deshalb müssen wir unsere Aufmerksamkeit einem jungen, Michael Villanovanus, oder in der französischen form Michel de Villeneuve genannten Gelehrten widmen, der ist gleich in jenen Tagen in Frankreich, und allerzuerst in Lyon aufgetaucht. Er hat die Arbeit als ein Korrektor in der Druckerei der Brüder Melchior und Kaspar Trechsel aufgenommen. Unter den Büchern, die er unter seiner Hand hatte, war auch eine neue repräsentative Ausgabe des Ptolemaios (das war praktisch ein Atlas und Handbuch der Landkunde zusammen) und die lateinische Bibel in neuer Übersetzung von dem humanistisch orientierten Dominikaner Sante Pagnini. Seinen Aufenthalt in Lyon bricht er nur auf eine Zeit unter, um sich auf Pariser Universität der Medizin zu widmen. Er erwirbt sich da sogar nebst seinem ruhmreicheren Kollegen Vesalius nicht unbedeutenden Ruhm als dissector – ein Anatom. Und auch in Lyon wurde Michel de Villeneuve ganz und gar hochgeschätzt und oft wurde er auch in den Palast des Erzbischofs und in Häuser von vielen ehrwürdigen Stadtbürger gerufen. Aus diesem Zeitabschnitt stammen auch zwei medizinische Traktate: Ein von Sirupen, der andere ist eine Apologie der astrologischen Methoden in der Medizin.7 Aus Lyon übersiedelt er für kurze Zeit nach Charlieu und dann dem ausdrücklichen Wunsch der Erzbischof folgend, der wollte ihnen Leibarzt in seiner Nähe haben, nach Vienne Im Herzen dieses katholischen Erzbischöflichem Leibarzt und gelehrten Korrektor von unruhigem Blut8 hausten jedoch Gedanken und Pläne auf eine weitgehende Reform der Kirche und ihrer Lehre, fürwahr nicht unähnlich diejenigen, die wir haben bei dem junges Servet gesehen. Das ist und gleichzeitig ist nicht erstaunlich, denn Michel de Villeneuve und Michael (Miguel) Servet waren sicherlich eine und dieselbe Person, doch welcher Mann von gereiften Alter, der für seine Ideale einst Verfolgung und Ungunst der Welt erleidet hat, will nicht sie lieber für eine Weile weglegen, und dann nochmals, bis er schließlich feststellt, es sei vielleicht günstiger und für die Welt und für ihre Pracht und Ruhm mehr nutze, sie schon für immer verschweigen?

Unterdessen ist eine neue Generation der Reformatoren eingetreten, in Frankreich und in dem Schweiz war sie vornehmlich durch den ehrgeizigen und scharfsinnigen Jean Calvin mit juristischem Ausbildung repräsentiert Seine Schriften sind – natürlich auf heimlichen Wegen – auch nach Vienne gelangen.9 Und Servet wendete sich über einen Mittelsmann und wahrscheinlich UNTER SEINEM TREUEN NAMEN, die ist inzwischen ins Vergessen verraten und niemand hat ihn schon mit der neuen Identität des Erzbischofsarztes in Vienne verbunden, gerade an ihn mit drei Fragen, die vielleicht ein Aufruf zu Debatte bedeuten sollten: 1. Ob der Gekreuzigte Mensch Jesus Sohn Gottes sei; 2. Von dem Reiche Gottes: ob es in den Menschen sei, und wie kommt man dahinein; und von der Wiedergeburt; 3. Für welchen Zweck wurden die Taufe und das Abendmahl verordnet, und ob sie beiden (d.h. besonders die Taufe) sollen im Glauben empfangen werden (D.h. a fortiori ob sie auch Kinder empfangen können). Calvin war nicht sehr bereitwillig zur Antwort und hat erst auf den weiteren Brief von Servet reagiert, der um drei andere Fragen vermehrt war; er verwies ihn auf sein Institutio, und damit wollte den Dialog beenden. Wir wären aber irregeführt, wenn wir glauben wollten, dass Calvin hätte diesem Antrieb keine Aufmerksamkeit gewidmet. Er hat nämlich zugleich ein Brief nach Farel geschrieben, der erhalten ist,10 und darinnen informierte er ihn über das Briefverkehr mit Servet und wo steht auch, dass wenn er dessen imstande wäre, würde Servet nie an gesundem Leibe davonkommen.

Servet hat in Folgendem an Calvin etwa 30 lange Briefe geschickt, in denen wir den Abriss seines weiteren verhängnisvollen Werks Christianismi Restitutio11erkennen können. Alle sing unbeantwortet geblieben, aber trotzdem sorgfältig bewahrt in Calvins Händen als kompromittierende Belege, wartende an den Tag, wann das schnöde Vorhaben erfüllt werden sollte. Servet hat sein magnum opus am Beginn des Jahres 1552 vollendet. Nun aber die Druckerei zu finden, wo solch ein radikales Werk gedruckt werden konnte, war nicht leicht. Schließlich hat er es Guillaume Guérooult vergeben. Der Druck sollte als Selbstverlag geschehen und ohne Korrekturen. Es wurde an einem verlassenen Orte gefertigt, von Michaelistag bis zu Anfang Januar 1553. Nach dem Druck von gehörenden Seiten, wurde der Handschrift sofort zerstört. Das Werk ist sehr wenig bekannt, es gigbt gar keine neuzeitliche Ausgabe davon. Deshalb müssen wir uns hier notwendigerweise auf die Aufzählung der behandelten Gegenstände beschränken, der Verfasser glaubt jedoch, dass in künftigem er imstande sein wird es in ausführlicher Weise zu behandeln.

Das Buch befasst sich neben den trinitarischen Erwägungen, die schon in früheren Servets Werken anwesend waren auch mit der Fragen von der Gnade, von der Taufe und dem Abendmahl; es polemisiert in besonderem mit Melanchtons Loci Communes und enthaltet auch lange Passagen über des Antikrists Herrschaft und ihr sechzig (!) Kennzeichen. Seine Gotteslehre ist durch Areopagitische Schriften und Neuplatonische Spekulation geprägt: Gott ist unfassbar, unsehbar, untastbar, unsagbar. Seine Kenntinis bekommen wir durch sein Wort und durch die geschaffene Welt. Gott erfüllt alles, sogar die Hölle; er hat nichts geschaffen, was mit Ihm nicht in Verbindung stehe. Er ist die Allwesenheit und umfasst in sich das Wesen von allen Dingen. So kann er als Feuer, Stein, Blume, Zweig oder irgendwas anderes erscheinen. In dem fünften Buch der Restitutio, wo er über den Heiligen Geist behandelt, beleuchtet er das mithilfe eines aus dem menschlichen Leib genommenen Beispiels: Gottes Geist hat sein Gegenwurf – den Geist des Menschen und jener – nach der Lehre der Bibel (z.B. Gen 9,3; Lv 17,11 u ä.) – siedelt in dem Blut. Der Lebens- (Belebte) Geist entsteht in dem Herzen "aber nicht so, wie man in gemeiner Weise urteilt, durch den Durchgang über die Herzscheidewand, sondern in wunderbarer Weise durch einen Umweg aus dem rechten Kammer über die Lunge" wo er sich den großen Geist Gottes berührt und kommuniziert mit Ihm. - Ja, das ist die berühmte Stelle, die erste Erwähnung des kleinen Herzkreislaufs. Dies ist nicht der einzelne Fall in der Geschichten der menschlichen Erkenntnis, wann Leute zur Entdeckung von physischen Tatsachen und Beziehungen durch eine geistige Intuition geführt worden sind.12 In Weiterem verwahrt sich auch Servet heftig gegen der Kindertaufe, die er für eine von der wichtigsten Quellen des Böses in der Kirche haltet, denn solche Taufe kann nicht echte Wiedergeburt vermitteln, sie gliedert nur mechanisch zu dem Leib der Kirche ein.

Der Inhalt von Servets Restitutio ist allgemein unbekannt geblieben und bis heute ist das Buch nicht leicht zu erreichen, jedoch die Folgen seiner Veröffentlichung sind sehr gut bekannt. Das Buch oder ein Teil davon ist außer sein Bestimmung für die Frankfurter Messe in die Hände des Genfer Protestanten Guillaume de Trie, der in festen Beziehungen zu Calvin stand, gelungen, und der hat seinen Autoren unverzüglich seinen katholischen Verwandten in Lyon denunziert und Servets zweierlei Identität ist so entdeckt worden. Die Inquisition hat sofort reagiert und Servets Haus wurde durchgesucht, aber nichts Verdächtiges wurde gefunden. Der dominikanische Inquisitor Matthieu de Ory hat also durch diesen katholischen Verwandten Gulliaume de Trie um, weitere Materialen ersucht. (Der ursprüngliche Brief hat nur ein Blatt aus dem Buch erhalten.) Hierauf wurde aus Genf jedoch nicht das Buch gesandt, sondern über zwanzig Seiten von stark ketzerischem Inhalt, die de Trie von Calvin gewonnen hatte – nichts anderes als uns schon bekannte Servets Korrespondenz mit Calvin. Von wem ist diese Denunziation inspiriert worden, ob von de Trie oder eher Calvin selbst, wird nie mehr bekannt werden, aber schon die Tatsache, dass Calvin hatte ohne Zweifel die ihm in Vertrautheit gesandte kompromittierende Materialien gewährleistet, und auch sein weiteres Auftreten während Servets Prozess in Genf wirft nicht das beste Licht auf seinen Charakter.

Nun hatte die Inquisition schon genug Beweise, um Servet prompt und diskret festzunehmen. Er wurde leicht verhört, und sein Kerker war nicht sehr hart. Servet wusste jedoch selbst, wie schwerwiegend sein Fall wäre, und nach seinem zweiten Verhör hat er entflogen. Wir wissen nicht, wo wollte er Zuflucht suchen, vielleicht in Italien oder in einer der Osteuropäischen Ländern, wo die Glaubensfragen wurden nicht so strenggenommen und mancher Freigeist hatte da schon Zuflucht gefunden. Es ist jedoch ein Faktum, dass er etwa vier Monate nach seiner Flucht aus der Inquisitionshaft in Vienne in Genf erkannt wurde, danach auch sofort gefangen und aus der Genfer Gefängnis (es war in dem alten Bischofshof) ging er hinaus nur auf seinen letzten Weg zum Scheiterhaufen. Seine Lebensbedingungen waren da ärmlich, viel schlimmer als in Viennenser Haft, und seine Verteidigung war verzweifelt. Er verteidigte sich damit, dass er in Genf keineswegs seine Ansichten verbreiten wollte, dass er nur durch Genf durchreisen wollte und hatte sogar ein Schiff gemietet, das ihn auf den weiten Ufer de See bringen sollte, und so ihm nicht Schuld an Störung von Eintracht oder Unfriedensverbreitung zuschieben werden darf, war das Alles nutzlos. Er hat sogar keinen Anwalt erhalten, um welchen er als "ein Fremdling der Stadtgesetzen unkundig" bat. Alles vergeblich. Der Rat hatte ein Zeugnis über Servets Ketzerei und dessen Gefährlichkeit von vier anderen Sweizerischen Städten (Zürich, Basel, Bern und Schaffhausen) gefordert und danach hat ihn zum Tod an Scheiterhaufen verurteilt. Am 27. Oktober 1553 wurde er wirklich verbrannt. Das Buch, womit Servet die breite gelehrte Öffentlichkeit ansprechen wollte, hat das Licht der Walt praktisch nicht gesehen. Außer sehr wenige Exemplare, die wahrscheinlich Servet selbst seinen geheimen Anhängern ausgesandt hatte Das Eingreifen der Inquisition unter Kooperation von Buchhändler (einschließend protestantischer) aus Lyon, Frankfurt und Genf hat die gesamte Auflage (1000 Exemplare, die vernichtet wurden) begreift.

wird fortgesetzt an andresius.pise.cz/592-heterodoxen-strmungen-der-reformation-teil-ii.html

1Als die die Regel bekräftigende Ausnahme, soll hier der Nürnberger Reformator A. Ossiander genannt werden.

2Zwinglis Standpunkt konnte auch durch seine frühere Gespräche mit dem niederländischen Spiritualisten Hinnem Rhode motiviert worden sein und von dem Briefe Epistola Christiana admodum eines anderen Spiritualisten Cornelius Hoen beeinflusst, in dem er den eucharistischen Brot symbolisch , als Christus Verlobungsring (also Zeichen) für seine Braut, die Kirche, deutet. Die Sache des Christi Leibes wurde auch bei den Züricher Disputationen mit den Radikalen (Hubmaier, Grebel und Haetzer) im Herbst 1523 behandelt. Dann aber Zwinglis Standpunkt war nicht unzweideutig den radikalen Einsichten gewogen.

3Er verkündigte das Ende der Welt auf den Jahr 1533. Diese Weissagung hat sich komischerweise erfüllt, weil gleich in diesem Jahre hat er aus der Welt in die Gefängnis in Straßburg verschwunden, woraus er nie wiederkam.

4Dieses Vorgehen war eine Folgerung der Synode der evangelischen Prediger, die hatte in Straßburg stattgefunden und die eine Entscheidung getroffen hatte, dass die Täufer sollten außer Gesetz gestellt werden.

5Es waren namentlich Melanchton, Bucer und Capito; für Luther wäre der Weg zu dem Reichstag ein zu großes Risiko hinsichtlich des au ihn verhängtes Achtes; sogar eine so Reformationstreue Stadt wie Nürnberg – den Zorn des Kaisers fürchtend – weigerte sich ihm ein Geleitsbrief aufzustellen.

6Siehe Frechts Brief an Capito, von dem 31.Oktober 1538.

7Im Hintergrund dieser Abhandlungen lieget ein heftiges Streit, der zwischen ihm und der Reste der medizinischen Fakultät, wo astrologische Vorlesungen untersagt waren, entbrannt hatte. Er wurde von seinen Opponenten (dem Dekan der Medizinischen Fakultät Tagult) sogar vor das Gericht (das Pariser Parlament) zitiert, und zu dem Inquisitor, der ihn jedoch sofort freigesprochen hat.

8Neben dem Pariser Inzident sind wir auch von einem Vorfall in Charlieu berichtet worden, wo es vielleicht um eine gebrochene Verlöbnisgelübde handelte.

9Der Mann, der für Servet (lassen uns ihm wieder mit seinem echten Namen heißen) einige von Calvins Schriften verschafft hat, war wahrscheinlich der Drucker Jean Frellon, der trotz seine unabsprechbare Sympathien zu der Reformation bis Ende seines Lebens das Aufsehen der Inquisition entschwand und seine Tage in Frieden beschlossen hat.

10Calvin, XII, 283, von dem 13. Februar 1546/7

11Sein Name, der an Calvins Institutio religionis christianae erinnert, wurde nicht grundlos gewählt

12Auch Kepler hat seine Gesetze nicht von experimentellen Daten abgeleitet, sondern aus mystisch-geometrischen Erwägungen über die regulären Körper.

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