In meiner Promotionszeit habe ich viel durch Deutschland gereist, damit ich somoglich viel von dem Lande erkennete, und habe ich auch viel Kirchen besucht. Und sehr auffällig mir dabei vorkam, was vielleicht bei uns nicht man so stark vorfindet, nämlich dass überall in Kirchen findet man Grabmähler. Grabmähler, Grabplatten, Grabsteine - die Kirchen sind von ihnen voll. In manchen Kirchen - und gar nicht nur evangelischen - gibt´s fast keine andere Gegestände - keine Altäre oder Bilder, nur Grabmähler. Und sie zeigen und rühmen die edlen Bischöfe, Stiftsherren, Nonnen, Ritter, Meister und Stadtbürger.
Ja es ist verständlich. Es ist durchaus verständlich das man hinter sich etwas hinterlassen will, eine Gedächtnis. Aber wen man bei solcher Reihe von prächtigen Bischofsgräber, wie etwa in Mainzner Dom oder Bamberger Hochstift steht, dringt sich ein Gedanke ein: und wo sind die Andere? Es haben doch so viel Leute vor uns an der Erde gelebt, die auch vielleicht solche Sehnsucht hatten und - wo sind sie? Und der Gedanke führt weiter: in was werden wir unsere Selbstbestätigung einritzen, damit wir nicht ins Vergessen verfallen. Was sollen wir tun, damit wir der Welt zeigen, dass wir nicht umsonst hier waren, dass wir der Welt in etwas nützlich waren ? Das sind schon für jedenmann einigen von den wichtigsten Lebensfragen.
Aber schauen wir jetz auf Paulus. Der macht sich mit solchen Fragen gar keine Sorgen. Sie sind schon voraus beantwortet mit verglüffende Einfachheit: Ihr seid unser Brief , unsere Zeugnis, gekannt und gelesen von allen Menschen! Paulus also legt seine Sehnsucht nach selbstbestätigung nicht in festgelegte, zozusagen "steinige", Ergebnise oder Einrichtungen, sondern in lebendige, wandelbare und auch vergängliche Menschen. Genauer angeschaut es ist nichts Neues: Das machen doch alle Eltern, die ihre Zukunftshoffnungen und -wünsche in ihre Kinder legen. Bei Lehrer sieht es man noch markanter: Die Lehrer investieren ihre Bemühen in Kinder und Schüler, die in ein, zwei, drei Jahre von der Schule weg sind und erinnern die Schule und ihre einmalige Leherer gar nicht mehr, obwohl sie manchmal ganz gut und viel benutzen, was von ihnen bekommen haben. Ist das ein Wahnsinn? Oder ist das bloss der Weltenlauf, damit sich man abfinden muss und nicht grübeln, warum ist es so auf der Welt eingerichtet?
Nein. Weil durch solche Bemühen wir sind zur Diener (im Sinne unseres Textes wir könnten sagen: Postlieferanten) des Geistes geworden, des Geistes, der lebendig macht. Und dies ist auch nicht eine idealistische oder anarchistische Utopie, auch bei Paulus nicht. Paulus ist doch sehr gut bewust des Wertes der "steinigen" Einrichtungen, der gesellchaftlichen geistlichen Vermögen, die nicht selten auch "mit Buchstaben in Stein gehauen" sind. Der Geist ist stets mit Zukunft verbunden, also kann er nicht presentieren etwas, was schon physisch existiert, was schon vorhanden ist - und ein "Amt des Geistes" ist viel erhabener über alle diese ehrwürdige Einrichtungen. Es ist ein Paradox unserer menschlichen Existenz: Alle unsere Leistungen und Ergebnisse sind nichts gegen die grosse waltende Übermacht der Zukunft, gegen den Geist. Wer sein Leben in irgend-einem Gefäss bewahren will, verliert es sofort. Wer sein Leben langsam zwischen den Klassenmauern in schmutz und lärm, zwischen unachtsamen jugentlichen verliert, kann vielleicht etwas davon für Zukunft retten. Unsere Kinder lehren uns Weisheit, lehren uns dem Geist zu widmen.